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Messerangriff

Drei Verletzte und Chaos nach Messerangriff auf dem Marienplatz

Ravensburg / Lesedauer: 4 min

Er stach anscheinend wahllos auf Menschen ein: Nach einer Messerattacke eines vermutlich psychisch kranken Afghanen in der Ravensburger Innenstadt gibt es drei Verletzte.
Veröffentlicht:28.09.2018, 17:13

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Es ist kurz nach 16 Uhr an diesem lauen Spätsommerabend auf dem nördlichen Marienplatz, als die ersten Menschen schreien. Ein junger Mann rennt mit einem riesigen Küchenmesser die Straße entlang, er brüllt Unverständliches, fuchtelt mit dem Messer herum. Der Ravensburger Dieter Nitsche sieht ihn kommen und zieht seine Ehefrau Elisabeth in den Schutz eines Geschäftes.

Sekunden später sticht der 21-jährige Asylbewerber aus Afghanistan auf Menschen ein, zuerst an der Bushaltestelle. Blut fließt. Erst 100 Meter weiter endet seine Gewalttat, nach Angriffen vor der Gaststätte Engel und am Frauentor.

Zwei 19- und 20-jährige Syrer sowie ein 52 Jahre alter Deutscher werden verletzt. Einer der Asylbewerber schwebt zunächst in Lebensgefahr. Es ist schließlich der Ravensburger Oberbürgermeister, der dem Chaos ein Ende bereitet.

Seine Erlebnisse schilderte er der Schwäbischen Zeitung unmittelbar nach dem Ereignis, noch hörbar unter dem Eindruck des Vorfalls:

„Ich kam gerade zufällig aus Richtung Cafe Riva“, schilderte Daniel Rapp der „Schwäbischen Zeitung“ die dramatischen Momente. Leute rufen ihm etwas entgegen und rennen. Dann steht der OB plötzlich dem Angreifer direkt und allein gegenüber. Der Mann hat das blutige Messer in der Hand. „Ich habe ihn angebrüllt, er soll sofort das Messer fallen lassen. Das hat er auch getan“, so Rapp. Sekunden danach kommt ein Polizist auf einem Fahrrad Rapp zu Hilfe, er ist der erste nach der Alarmierung, der den Marienplatz erreicht. Der Beamte sieht den Mann auf einer Kiste vor dem „Engel“ sitzen, vor ihm steht der OB. Der Polizist hält den Täter mit seiner Waffe in Schach und legt ihm Handschellen an, Rapp bedient derweil das Funkgerät. Die unmittelbare Gefahr ist gebannt.

Tourist bezahlt Mut mit Verletzungen

Zuvor hatte ein mutiger Urlauber aus Hessen bereits vergeblich versucht, den Angreifer zu stoppen. Er sitzt mit seiner Familie vor dem „Engel“, als er den Tumult hört und der Mann mit dem blutigen Messer auf ihn zuläuft. „Niemand hat etwas getan“, weint seine völlig aufgelöste Ehefrau. Der Frankfurter aber handelt, greift sich einen Stuhl, will den aggressiven Mann aufhalten. Er bezahlt das mit drei Messerstichen in den Arm und den Rücken. „Wir hoffen und bangen, die Polizei sagt, sein Zustand sei stabil“, sagt der Schwiegersohn der Schwäbischen Zeitung. Eine Passantin umarmt die Frau des Opfers, wünscht „alle Kraft und Gottes Segen“.

Opfer in kritischem Zustand

Eine Blutlache ist unter dem Tisch vor dem Restaurant zu sehen. Ein weiteres Opfer wird vor der Bushaltestelle versorgt, auch dort ist Blut geflossen. Die Polizei redet zunächst von drei Schwerverletzten, kurz danach ist klar, dass der Zustand eines Mannes sehr kritisch ist. Zum Motiv des Täters können die Beamten keinerlei Aussagen machen. Augenzeugen, die sich in ein Geschäft geflüchtet haben, wollen einen vorangegangenen Streit mit einem anderen Mann beobachtet haben, andere reden von einem Verwirrten.

Entsetzen über Gaffer

Für Entsetzen bei vielen Zuschauern sorgt das Verhalten einiger Passanten, die völlig ungerührt das Handy zücken und die Verletzten filmen und fotografieren, während diese noch schmerzerfüllt am Boden liegen.

Armin Rau, stellvertretender Leiter des Polizeireviers Ravensburg , sagt, der Mann habe nach ersten Erkenntnissen wahllos zugestochen. Auf einen terroristischen Hintergrund gibt es derzeit keine Hinweise, sagen die Ermittler. Sie gehen von einem Einzeltäter aus.

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Die Szenerie ist absurd: Noch während die Polizei dabei ist, den Marienplatz abzusperren und die unübersichtliche Lage zu sichern, während Verletzte ins Krankenhaus gebracht werden, Angehörige weinen und sich Schaulustige an den Flatterbändern drängen, trinken einige Gäste gegenüber weiter ungerührt ihr Feierabendbier. In den Bussen werden die Fahrgäste über Durchsagen aufgefordert, den Marienplatz zu meiden, sagten Zeugen der „Schwäbischen Zeitung“. Kurz danach wird der komplette nördliche Marienplatz für den Verkehr gesperrt.

Das Kriseninterventionsteam des Roten Kreuzes in Ravensburg hat unter der Notrufnummer 112 bei psychischen Belastungsstörungen sofortige Hilfe angeboten. „Wir sind rund um die Uhr über die Rettungsleitstelle erreichbar“, heißt es in einer Mitteilung.

Die Polizei forderte die Bevölkerung via Twitter auf, die Absperrungen zu beachten. Gefahr bestehe gegenwärtig nicht.

Am Abend kreist ein Polizeihubschrauber über der Stadt. Gerüchte machen die Runde, im Internet kursieren Videos, die die Tat zeigen sollen. Das Landeskriminalamt Baden-Württemberg hat ein Hinweisportal geschaltet , über das Zeugen Bilder, Videos oder Audiodateien übermitteln können.

Anm. der Red.: In den ersten Polizeiberichten war das Alter des mutmaßlichen Täters mit 19 Jahren angegeben. Am Samstag wurde diese Angaben von Polizei und Staatsanwaltschaft berichtigt. Deshalb ist auch die Altersangabe in diesem Artikel geändert worden.