Bildungspaket-Gelder Millionenfach zweckentfremdet

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Bildungspaket-Gelder versickern in Millionenhöhe in den kommunalen Haushalten

31.08.2012

Wie bereits Kritiker des Bildungspakets vorausgesagt haben, haben die Kommunen offenbar Gelder aus Mitteln des sogenannten Bildungs- und Teilhabepaket für Kinder aus Hartz IV-Familien für andere kommunale Bereiche in Millionenhöhe zweckentfremdet. Das berichtet die Hannoversche Allgemeine Zeitung (HAZ) und beruft sich dabei auf Angaben der Bundesarbeitsministerin Ursula von Leyen (CDU).

Die Vorwürfe der Zweckentfremdung von Geldern aus dem Bildungspaket richten sich in besonderer Weise gegen die Region Hannover. Laut der Ministerin soll allein die Region Hannover mindestens 6,4 Millionen Euro aus Finanzmitteln des Bundes dem allgemeinen Haushalt zugeführt haben, anstatt Kindern aus Familien mit SGB II Anspruch Hausaufgabenhilfe, Mittagessen, Musikuntersicht oder Tagesausflüge zu ermöglichen.

Neben der Region Hannover sollen offenbar auch andere Kommunen und Städte ebenso mit den Geldern umgegangen sein. Die Finanzmittel, die nur für Kinder aus sogenannten Hartz IV oder anderen bedürftigen Familien gedacht sind, waren nach Angaben der Kommunen nicht abgerufen worden. Von der Leyen forderte die Kommunen auf, übriggebliebene Gelder an anderer Stelle für hilfebedürftige Kinder zu verwenden und nicht dem Allgemeinhaushalt zuzuführen. Ausgerechnet bei denen den Rotstift anzusetzen, die die schlechtesten Chancen haben, sei "eine kurzsichtige Politik", kritisierte die Arbeitsministerin gegenüber der „HAZ“. Schließlich würde „das Geld den Kindern gehören“, so von der Leyen.

Sozialverbände deckten Zweckentfremdung auf
Im Vorfeld hatten Sozialverbände in der Stadt Hannover auf den Missstand aufmerksam gemacht. Nach ihren Angaben kommt „kaum die Hälfte der Hilfsgelder bei den Kindern an“. Der Rest verbleibt in den Kommunen. Nach Angaben der Wohlfahrtsverbände in Hannover sind von den 66 Millionen Euro, die im Jahre 2011 an Städte und Gemeinden in Niedersachsen ausgezahlt wurden, „gerade einmal knapp 25,5 Millionen bei den Familien tatsächlich angekommen“. Als Hauptgrund sehen die Verbände die schlechte Informationspolitik der Kommunen und Schulen sowie die „abschreckende Bürokratie“. Der Rest versickert in den Haushaltslöchern der Kommunen und wird auch nicht anderweitig für soziale Kinderprojekte verwandt.

Viele Betroffene wissen von dem Anspruch nichts
Vielerorts wissen die Betroffenen überhaupt nicht, dass sie einen Anspruch haben. Denn neben Familien, die das Arbeitslosengeld II erhalten, können auch Geringverdiener und Bezieher des Wohngelds plus Kinderzuschlag entsprechende Anträge für ihre Kinder stellen. Zudem gibt es die Bildungspaket-Leistungen nur, wenn die Eltern für jede einzelne Vorhaben ihres Kindes einen Antrag stellen.

Für was können Eltern überhaupt einen Antrag stellen:
Auf Antrag können Kinder in Kindertagesstätten, Schulen oder Hort ein warmes Mittagessen erhalten. Dennoch müssen die Eltern pro Mittagessen einen Euro zusätzlich bezahlen. Für Familien bedeutet dies Mehrausgaben von rund 20 Euro im Monat, die aus den ALG II-Regelleistungen bezahlt werden müssen.

Für Kultur, Sport und Freizeitaktivitäten können Eltern pro Kind und Monat 10 Euro beantragen. Die Gelder sollen Mitgliedschaften in Sportvereinen oder Musikschulen ermöglichen. Allerdings sind teilweise die Mitgliedsbeiträge höher, als das bereitgestellte Geld. Daher müssen auch hier Eltern vielfach Zuzahlungen leisten.

Für Tagesausflüge, die im Rahmen der Schule oder Kita stattfinden, müssen die Kommunen die Kosten übernehmen.
Ob eine Hausaufgabenhilfe oder Lernförderung notwendig ist, entscheidet der Lehrer des Kindes. Eine Lernförderung gibt es nur, wenn eine entsprechende Bescheinigung des Schullehrers vorliegt. Zudem muss die Lernförderung „geeignet und angemessen sein, um die Versetzung in die nächste Klasse zu erreichen“. Weil viele Kinder zwar Schulprobleme haben, aber das Klassenziel mit schlechten Noten erreichen können, bekommen sie keine Hilfen.

Beförderung zur Schule: Wird das Ticket ausschließlich für den Schulbus benötigt und genutzt, werden die Kosten vollumfänglich übernommen. Ansonsten wird nur ein Zuschuss gewährt. Zudem muss die Fahrt zur nächstgelegenen Schule „erforderlich sein“, damit die Kosten übernommen werden. Auch hier müssen viele Eltern Zuzahlungen leisten.

Das Schulstarterpaket wird pro Jahr mit 100 Euro finanziert und wird ohne Antrag in zwei Raten (August 70 Euro, Februar 30 Euro) auf das Konto der Eltern überwiesen. Wohngeldbezieher, die zusätzlich einen Kinderzuschlag erhalten, müssen hierfür einen Antrag stellen. (sb)

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Bild: Rainer Sturm / pixelio.de

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