Ein Tag im Jobcenter :
Es brennt lichterloh!

Von Antonia Baum
Lesezeit: 8 Min.
In der Jobcenter-World ist das Leben berechnet und reglementiert, auch wenn es so ungeordnet aussieht.
Alkoholbäuche, der Geruch von Rasierwasser, rausgewachsene Haarfarben, billiger Goldschmuck. „Kopf kaputt, because my wife escaped“: Besuch an dem Ort, an dem keiner sein möchte - ein Tag im Jobcenter.

Das Jobcenter vergibt Lebensmittelgutscheine im Wert von rund achtzehn Euro, und mit diesen Gutscheinen wird, so erklärt die zarte Arbeitsvermittlerin, deren „Team“ für Selbständige zuständig ist und neben der ich einen Tag lang sitzen und ihr beim Gespräch mit den „Kunden“ zusehen darf (immer wichtig beim Amt: positive Formulierung, das heißt, eben nicht Arbeitslose, sondern Kunden, nicht Amt, sondern Jobcenter sagen), mit diesen Gutscheinen wird also vor dem Jobcenter Neukölln gehandelt. Sind achtzehn Euro ein Betrag, der irgendwie spannend klingt? Ach, sagen wir doch lieber zwanzig. Echt, ich würde zwanzig sagen. Zwanzig ist eine gute, eine glatte Zahl, für einen Tag, und so denkt man als Mensch, der keine Lebensmittelgutscheine bezieht. Im Jobcenter denkt man natürlich anders, in der Jobcenter-World ist das Leben ein Vorgang und exakt vermessen, berechnet und reglementiert.

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